Das "Du" in der Liebe


Wir Menschen suchen einander und folgen einer inneren Bewegung und Sehnsucht, um gemeinsame Lebenswege zu beschreiten, mit dem Wunsch nach Liebe, Glück und Freiheit.

 Finden wir uns als Paar und leben wir schon einige Zeit miteinander, kennen wir die Herausforderungen, unsere Beziehung und Intimität lebendig zu halten, alltägliche Streitigkeiten zu meistern und auch tieferliegenden Konflikten zu begegnen.

 

Nun kann Frau/Mann sich doch fragen: „Wieso tun wir uns das eigentlich an?“

 

Mit den Worten von Hunter Beaumont (2013) und Nelles (2010) möchte ich dieser Frage näher kommen:

 

Die Menschen erfasst eine Bewegung ihrer Seele, eine Sehnsucht, einen anderen Menschen so zu berühren und so berührt zu werden, dass das Du in der Fülle gesprochen und gehört werden kann. Wenn das Du in dieser Dichte, in dieser Intimität gesprochen und gehört wird, hat es eine Wirkung. Die Wirkung des Du öffnet, beruhigt, entspannt und erlaubt demjenigen, das zu sein, was er eigentlich ist. Wenn man das Du in der Tiefe hört oder sprechen lässt, dann weiß man: „Ich habe einen Platz auf Erden, ich gehöre dazu. Ich darf mit den ganzen Leistungsansprüchen und Anstrengungen, anders zu sein als ich bin, aufhören. Ich bin gesehen worden. Ich bin gewollt“. Die Seele entspannt sich.... Wenn zwei zueinander finden, spricht das Du durch sie. Sie werden wie zwei Musikinstrumente, die den Atem des Du hörbar machen. In einer Tiefe und Fülle, mit Leichtigkeit und Weite, wird das Einzigartige, das Persönliche im Anderen angesprochen und anerkannt. Gleichzeitig wird eine Verbindung zwischen den beiden hergestellt. Wenn das Du durch einen spricht, erzeugt es aus Mir und Dir ein Wir“.

 

Nelles (2010) ergänzt: In diesem Du gibt mir der/die Partner*in etwas, „was mich innerlich bereichert und wachsen lässt und mein Leben runder und reicher macht...

Die Liebe ermöglicht Mann und Frau, in die Tiefe zu wachsen,...auch nach innen zu reifen, zu wachsen und sich so selbst ständig zu erneuern.... Mann und Frau bereichern einander: beide erfahren sich in ihrer Geschlechtlichkeit ganz durch den Anderen“.

Ein gegenseitiges heilsames Du im Seelenraum des Paares erfordert, dass beide ganz zu sich selber stehen und gleichzeitig in einer zugewandten Beziehung bleiben können. Dann findet ein nährender Ausgleich zwischen den Liebenden statt: ein Ausgleich zwischen „meinen Wünschen und meinem Wunsch, dass deine Wünsche erfüllt werden“ (Schnarch 2006).

Wünsche klar und deutlich wahrzunehmen und zu äußern, verbunden mit der Fähigkeit, zum Wohl der Partnerschaft auch ein selbstbestimmtes Opfer für den/die Partner*in zu bringen, lässt Liebe und Intimität wachsen und reifen.

Die Fähigkeit zuzuhören, ohne zu bewerten, neugierig und offen zu bleiben, auch wenn es um beänstigende, schmerzhafte Themen geht, die Spannung zu halten, bis sich eine lösende Bewegung ermöglicht, bewirken heilsame Wandlungs- und Wachstumsprozess in der Paarbeziehung und schenken ihr eine neue Tiefe.

Diese achtsame, zugewandte Haltung erleichtert dem Paar, gemeinsam im „Boot zu bleiben“ und mit frischem Wind immer wieder zu neuen Ufern aufzubrechen.

 

Literatur:

Hunter, Beaumont (2013): Auf die Seele schauen (S. 69 f). Kösel

Nelles, Wilfried (2010): Männer, Frauen & die Liebe (S. 73 f). Innenwelt Verlag

Schnarch, David (2006): Die Psychologie sexueller Leidenschaft. Piper

Schrankl, Astrid (2016/2017). Auszüge aus: Das kostbare Potential der Paarbeziehung. In: Tätigkeitsbericht der Ehe-, Familien- und Lebensberatung Mannheim.

  

© Dipl. -Psych. Astrid Schrankl